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  • oder was man unterwegs nicht hört

Bahnhof-Lesung


4 Stunden innehalten an dem Ort, den ich zumeist im Laufschritt durchhaste. Wien Westbahnhof. Treffpunkt für Jugendliche, Obdachlose. Abfahrtspunkt. Ankunftsziel.

Ein Imbiss zwischendurch, maximal 5 Minuten Rast.

Zehn Autoren mischen sich unter die Menge, ihre Stimmen beschallen die Bahnhofshalle.

Auf der Überdachung der Shops stehe ich, mit einem breiten Gurt angeschnallt und lese meinen Text, blicke über den gesamten Raum.

Für Sekunden fühle ich mich verloren. Genauso ist es doch die ganze Zeit - keiner hört hin, nichts persönliches, nein, es ist einfach viel zu tun, zu erledigen. Später. Dann. Wenn es ruhiger wird. Vielleicht.

Mit einem Mal breitet sich ein Lächeln in mir aus - es sagt: Ist das geil, oder was? Du da oben am Dach, angeseilt - ein Micro an der Wange und kannst mit 1000 Dezibel losquatschen! Da bin ich plötzlich ganz bei mir, der weite Raum ist weg, ich bin in meinem Königreich der Worte.

Und lese, bin meine Figuren, bin der Text.

Dort unten rechts bleibt ein Mann stehen, für meine gesamte Redezeit. Links ein paar Jugendliche, auch sie lauschen. Ich kann die Lauschenden spüren.

Ja, es gibt sie. Menschen die Geld spenden für Frauen und Kinder in Not. Menschen, die Zeit für eine Geschichte haben.


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